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Mit Fachwissen und High-Tech gegen Krebs: Was Krankenhausapotheker:innen bei der Tumortherapie tagtäglich leisten

Krebs ist eine schwere Erkrankung. In Österreich erhalten jedes Jahr etwa 42.000 Menschen diese Diagnose – für Betroffene und Angehörige fast immer ein Schock. Doch große Fortschritte in der medikamentösen Therapie und neue Behandlungsmethoden haben zahlreiche Tumorarten heilbar gemacht oder ermöglichen für viele Patient:innen ein Leben mit dem Krebs über viele Jahre. Mit den Krankenhausapotheker:innen kümmern sich hochausgebildete Spezialist:innen um eine sichere, wirksame und möglichst gut verträgliche Medikation für Tumor-Patient:innen.

Um das Wachstum von Krebszellen im Körper zu bekämpfen stehen verschiedene pharmazeutische Ansätze zur Verfügung.

Verschiedene medikamentöse Wege, um Krebszellen zu bekämpfen

Zum Einsatz kommen in der Krebstherapie spezielle Arzneimittel, die als Onkologika zusammengefasst werden. Darunter fallen Zytostatika (vom griechischen Cyto = Zelle und statik = anhalten), die das Erbmaterial in den Tumorzellen angreifen oder deren Zellteilung stören. Dadurch verlieren die geschädigten Krebszellen die Fähigkeit, sich zu vermehren und sterben ab. Das Tumorwachstum wird verlangsamt oder sogar ganz gestoppt. Zu den neueren, zielgerichteten Therapieoptionen gehören insbesondere monoklonale Antikörper. Diese im Labor erzeugten Abwehrstoffe reagieren mit spezifischen Strukturen (Antigene) an Krebszellen und wirken auf diese schädigend bzw. blockieren ihre Wachstumssignale. Gleichzeitig ermöglichen bzw. erleichtern sie den körpereigenen Abwehrzellen eine Erkennungsreaktion mit Krebszellen, wodurch eine Zerstörung dieser Zellen eingeleitet wird.

Die Zubereitung von patientenindividuellen Krebsmedikamenten zählt zu den wichtigsten Aufgaben der Krankenhausapotheker:innen.

Individuelle Haupt- und Begleitmedikation für jede/n Patient:in

Praktisch jede Behandlung wird von den behandelnden Onkolog:innen in Zusammenarbeit mit Krankenhausapotheker:innen individuell auf die Patient:innen abgestimmt, denn Faktoren wie Alter, Geschlecht, Gewicht, Vorerkrankungen und Krankheitsstadium müssen dringend berücksichtigt werden. So macht es beispielsweise bezüglich des Therapieplans und der Dosierungen einen großen Unterschied, ob ein Kind behandelt wird, bei dem häufig eine vollständige Genesung angestrebt wird (kurativer Ansatz) oder ob bei einem älteren Menschen ein palliativer Ansatz verfolgt wird, bei dem durch die Tumortherapie ein Leben mit der Erkrankung ermöglicht werden soll. Durch die maßgeschneiderte Dosierung der Onkologika und eine sorgfältig darauf abgestimmte Begleitmedikation können schwerwiegende Nebenwirkungen vermieden und die Verträglichkeit der medikamentösen Therapie erhöht werden.

Die Arbeitsschritte der Pharmazeut:innen sind komplex und genau aufeinander abgestimmt. Alles beginnt mit einer ärztlichen Verschreibung. Diese wird nach dem international bewährten Vier-Augen-Prinzip auf Plausibilität überprüft und gegebenenfalls aus pharmazeutischer Sicht nach ärztlicher Rücksprache angepasst. Nach erfolgter pharmazeutischer Freigabe beginnt die Herstellung der Chemo- und Immuntherapien. Um den Ansprüchen an die Qualität dieser Arzneimittel gerecht zu werden, arbeiten Krankenhausapotheken nach den Richtlinien zur Guten Herstellungspraxis (kurz „GMP“). Durch diese Richtlinien werden insbesondere Anforderungen an das Personal, Räume und Produktionsabläufe festgelegt und überprüft.

Herstellung unter höchsten Sicherheitsstandards in Reinräumen

In den Reinräumen arbeiten die Krankenhausapothekerinnen und -apotheker unter kontrollierten Druck-, Temperatur- und Hygienebedingungen. Bei der Herstellung werden zunächst Ausgangsstoffe wie Arzneimittelkonzentrate und Pulver, sowie Verbrauchsmaterialien wie Spritzen für jede einzelne Therapie separat zusammengestellt. Anschließend werden die vorbereiteten Konzentrate unter hochreinen Umgebungsbedingungen in einem sogenannten Isolator bzw. Sicherheitswerkbänken, patientenindividuell verdünnt. In diesen Arbeitsbereichen wird die Luft durch spezielle Filter noch weiter gereinigt und dadurch gänzlich keimfrei. Dieser hohe Aufwand ist nötig, um die Arzneimittelsicherheit für die immungeschwächten Patient:innen zu gewährleisten.  Barcodes auf jeder Zytostatika-Zubereitung stellen auf dem Weg zur Station sicher, dass stets der richtige Patient das richtige Medikament in der richtigen Dosierung erhält.

Dies ist notwendig, denn die Herstellung von Zytostatika ist komplex, teuer und bedarf höchster Sicherheitsstandards – einerseits, um eine Verunreinigung der Arzneimittel und damit eine Gefährdung der Patient:innen auszuschließen und anderseits, um die herstellende Person zu schützen. Denn Zytostatika enthalten hochpotente Wirkstoffe und können eine gesundheitliche Gefährdung darstellen, wenn Beschäftigte im Gesundheitswesen versehentlich damit in Kontakt kommen. Onkologische Therapien werden darum in speziellen Reinräumen individuell zubereitet. Diese speziellen, hochtechnisierten Bereiche dürfen nur durch Personalschleusen und mit Schutzkleidung betreten werden.

Krankenhausapotheker:innen wie Dr. Martin Munz von der Spitalsapotheke des Landeskrankenhauses Innsbruck sorgen dafür, dass bei der medikamentösen Behandlung von Tumorpatient:innen höchste Qualitäts- und Sicherheitsstandards eingehalten werden.

Von 270 Spitälern in Österreich haben 42 eine eigene Krankenhausapotheke. Knapp 480 Krankenhausapotheker:innen sind dort tagtäglich für die Patienten- und Versorgungssicherheit im Einsatz. Neben der Arzneimittelherstellung sind die klinische Pharmazie, der strategische Einkauf und die Logistik weitere wichtige Tätigkeitsbereiche der Krankenhausapotheker:innen. In Krankenhäusern ohne eigene Krankenhausapotheke sind Medikamentendepots eingerichtet, welche von Krankenhausapotheken oder öffentlichen Apotheken konsiliarisch betreut werden.

Fotos: Wiedemayr