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Antibabypille: Eine Revolution mit österreichischen Wurzeln

Fast die gesamte bisherige Menschheitsgeschichte über war Sexualität an Fortpflanzung gebunden. Frauen hatten kaum eine Möglichkeit, eine Schwangerschaft zu verhüten. Viele ungewollt schwanger gewordene Frauen entschlossen sich in ihrer Verzweiflung zu illegalen und häufig gefährlichen Abtreibungsmethoden. Das sollte sich erst zu Beginn der 1960er Jahre mit der Einführung der Antibabypille ändern.

Wichtige Vorarbeiten für das erste medikamentöse, orale Verhütungsmittel hatte in den 1920ern der in Graz geborene Physiologe Ludwig Haberlandt geleistet. Er fand bei Tierversuchen in Innsbruck heraus, dass eine Schwangerschaft die Heranreifung weiterer Eizellen blockiert. Daraufhin kam ihm die Idee, Frauen durch die Verabreichung von Schwanger- schaftshormonen vorübergehend unfruchtbar zu machen.

Durch Ovarien-Transplantationsversuche führte Haberlandt eine hormonale Sterilisierung des weiblichen Tierkörpers herbei. Der Wiener Gynäkologe Otfried Otto Fellner bestätigte die Ergebnisse Haberlandts. Gemeinsam versuchten sie, auf Basis ihrer Entdeckungen eine hormonelle Verhütungsmethode beim Menschen zu finden. Ihre Forschungen brachten jedoch vor allem Haberlandt massive Kritik ein. Man warf ihm Verbrechen gegenüber dem ungeborenen Leben vor, seine Idee geriet ins Kreuzfeuer moralischer, ethischer, kirchlicher und politischer Vorstellungen. Auch medial wurde Haberlandt stark angefeindet. Trotz dieser Widerstände entwickelte er um 1930 in Budapest das Präparat "Infecundin". Es fehlten jedoch noch die pharmazeutischen Voraussetzungen und technischen Hilfsmittel.

Aber auch das politische Umfeld der 1930er Jahre verhinderte die Weiterentwicklung und die Fortsetzung seiner beruflichen Karriere. Frustriert und verbittert wählte Haberlandt im Sommer 1932 den Freitod. Dadurch erlebte er nicht mehr, wie ein weiterer Österreicher an seine Pionierarbeiten im Bereich der hormonalen Empfängnisverhütung anknüpfte und rund 20 Jahre später den Durchbruch schaffte.

Der 1939 aus Wien in die USA emigrierte Chemiker Carl Djerassi entwickelte gemeinsam mit den Pharmakologen Gregory Pincus und John Rock ein Verhütungsmittel aus einem Abkömmling des weiblichen Geschlechtshormons Progesteron - und es funktionierte. Die erste „Pille“ zur hormonellen Verhütung beim Menschen war erfunden. In den USA kam sie am 18. August 1960 auf den Markt, in Österreich im Jahr 1962. Die Bezeichnung „Antibabypille“ lehnte Djerassi übrigens ab, da die „Pille“ kein Mittel gegen Babys sei, sondern ein Mittel für die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Frau. In der Tat eröffnete sie Möglichkeiten der Lebens- und Familienplanung, von denen frühere Frauengenerationen nur träumen konnten. Haberlandt wurde von Djerassi für seine wichtigen Pionierarbeiten als „Großvater der Pille“ bezeichnet.

Die erste „Antibabypille" kam in den USA am 18. August 1960 unter dem Namen "Enovid" auf den Markt. In Österreich war sie ab 1962 als "Anovlar" erhältlich.

Neben dem Kondom ist die „Pille“ das beliebteste Verhütungsmittel und statistisch eines der zuverlässigsten. Von 1.000 Frauen, die mit der „Pille“ verhüten, werden innerhalb eines Jahres nur etwa 3 schwanger. Wichtig für einen hohen Verhütungsschutz ist die korrekte Anwendung gemäß dem Einnahmeschema und die Beachtung möglicher Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.

Die „Pille“ ist aber kein völlig harmloses Mittel, sondern greift in den weiblichen Hormonhaushalt ein und kann auch erhebliche Nebenwirkungen haben. Darum ist sie rezeptpflichtig und die richtige Anwendung bedarf nach einer ärztlichen Verschreibung einer pharmazeutischen Beratung in der Apotheke, z.B. zur Abklärung von möglichen Wechselwirkungen, die den Verhütungsschutz schwächen könnten.