Fast jede zehnte Person in Österreich hat inzwischen eine Diabetes-Diagnose. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von schätzungsweise 300.000 Betroffenen und Prognosen für die kommenden Jahre lassen noch eine deutliche Zunahme bei Typ-II-Diabetes befürchten. Diese Entwicklung ist mit viel menschlichem Leid und hohen Therapiekosten verbunden. Um die besorgniserregende Tendenz zu bremsen, ist es wichtig, Personen mit einem erhöhten Risiko für Diabetes und mit Prädiabetes frühzeitig zu erreichen und aufzuklären. Ein wichtiges und kostengünstiges Instrument hierfür sind Messungen des Langzeitblutzuckers (HbA1c), die mit modernen Point-of-Care-Geräten in der Apotheke vor Ort durchgeführt werden.
„Eine Vorsorgemaßnahme, die sehr viel bringt“
„Das ist wirklich eine Vorsorgemaßnahme, die sehr viel bringt. Viele Menschen, die sich bei uns spontan testen lassen, sind überrascht, dass ihr Langzeitblutzucker erhöht ist und bei ihnen ein echtes Diabetes-Risiko besteht. Ohne den Test hätten sie vermutlich eine Lebensstiländerung gar nicht in Erwägung gezogen und eine Diabetes-Diagnose wäre nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Die Information und Aufklärung in der Apotheke kann viel bewirken“, berichtet Apothekerin Dr. Michaela Stipsits, die in ihrer Apotheke in Güssing (Burgenland) schon zahlreiche HbA1c-Messungen durchgeführt hat. Für die Testung sind lediglich ein Tropfen Kapillarblut (aus der Fingerspitze) und wenige Minuten Zeit erforderlich.
Was sagt der HbA1c-Wert aus?
Der HbA1c-Wert (auch Langzeitblutzucker genannt) gibt an, wie hoch der durchschnittliche Blutzuckerspiegel in den letzten 8 bis 12 Wochen war. Er misst den Anteil des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin, der mit Zucker (Glukose) "verzuckert" ist. Ein normaler HbA1c-Wert liegt bei gesunden Menschen unter 5,7 %. Werte zwischen 5,7 % und 6,4 % deuten auf ein erhöhtes Risiko für Diabetes (Prädiabetes) hin, Werte ab 6,5 % gelten als Diagnosekriterium für Diabetes mellitus.
Der HbA1c-Wert ist wichtig zur Diagnose, Verlaufskontrolle und Therapieüberwachung bei Diabetes. Er ist weniger anfällig für kurzfristige Schwankungen als der Nüchternblutzucker. Ein dauerhaft erhöhter HbA1c-Wert erhöht das Risiko für Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden, Nierenschäden oder Nervenerkrankungen. Auch bei nicht-diabetischen Personen kann ein erhöhter HbA1c-Wert auf ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen hinweisen.
Test-Angebot wird gut angenommen
Das niederschwellige Test-Angebot hat sich in der Gegend schnell herumgesprochen und wird gut angenommen. „Oft kommt es vor, dass sich eine Person bei uns testen lässt und in den Tagen und Wochen darauf erscheinen dann noch weitere Familienmitglieder, aber auch Freunde und Bekannte, denen die Person davon erzählt hat.“ Mit ihrer Expertise und Erfahrung haben die Güssinger Apotheker:innen ein gutes Auge für Gesundheitsrisiken und machen in der Apotheke gezielt Kund:innen, die aufgrund ihrer Medikation oder einer anderen Erkrankung (z.B. Adipositas) potentiell zur Diabetes-Risikogruppe zählen, auf die unkomlizierte Testmöglichkeit aufmerksam. „Ein dauerhaft erhöhter Blutzucker schädigt die Netzhaut und die Nieren meist schon viele Jahre bevor Betroffene die Diagnose Diabetes erhalten. Umso wichtiger ist es, erhöhte Werte frühzeitig zu erkennen, wenn man noch gegensteuern kann“, erklärt Dr. Stipsits. Der HbA1c-Wert kann auch verwendet werden, um den Effekt einer bereits erfolgten Lebensstiländerung (z.B. gesündere Ernährung, mehr Bewegung oder Rauchstopp) auf den Blutzucker zu bestimmen.
HbA1c-Wert auch zur Therapiekontrolle geeignet
Liegt bereits eine Diabetes-Erkrankung vor, machen laufende Testungen (z.B. alle sechs Monate) ebenfalls Sinn, denn der HbA1c-Wert eignet sich auch zur Beurteilung, wie gut der Blutzucker im Rahmen der Diabetes-Therapie im Durchschnitt kontrolliert wurde. Denn der HbA1c-Wert ist nicht nur eine Momentaufnahme, die anfällig für Verzerrungen ist, sondern spiegelt den Langzeitverlauf des Blutzuckers wider.
Aus Sicht von Dr. Stipsits sind Apotheken prädestiniert für die Messung des HbA1c-Wertes und ein noch stärkeres Engagement in der Diabetes-Prävention. „Jeder Österreicher hat eine Apotheke in der Nähe seines Wohnortes und der Zugang ist sehr niederschwellig. Hinzu kommt, dass wir als Apotheker bereits im Studium viel zum Thema gelernt haben, täglich in der Apotheke Wissen rund um Diabetes vermitteln und wir natürlich auch auf dem Radar haben, welche Medikamente sich wie auf den HbA1c-Wert auswirken können. Das ist gerade bei älteren oder chronisch kranken Menschen, die viele Medikamente gleichzeitig einnehmen müssen, ein großes Plus.“