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Wichtiges Medikament persönlich aus Spanien abgeholt:

Niederösterreichischer Apotheker leistet Notfalleinsatz

Seit Wochen sorgt das Thema Medikamentenknappheit für mediale Schlagzeilen und Verunsicherung. Bei vielen Menschen, die an saisonalen Erkrankungen wie bakteriellen Infekten oder der Influenza laborieren, zehren die aktuellen Engpässe an den Nerven, oft ist die Verzweiflung groß. Tagtäglich kümmern sich Apotheker:innen darum, dass aus Lieferengpässen keine Versorgungsengpässe werden. Mit viel Leidenschaft und großem Aufwand suchen sie nach gleichwertigen Alternativen, besprechen sich mit den behandelnden Ärzten und tun alles dafür, dass keine Patientin und kein Patient unversorgt bleibt. Besonders heikel sind Lieferengpässe für Menschen, die an einer seltenen Erkrankung leiden und auf ein ganz bestimmtes Medikament angewiesen sind.

Zusammenbruch nachdem Medikament ausgegangen war

„Bei meiner älteren Tochter war es wirklich kritisch. Sie ist zusammengebrochen, ihre Leberwerte waren schrecklich“, berichtet Birgit Holzmüller aus Stephanshart bei Amstetten. Ihre beiden Töchter leiden an Morbus Wilson, einem seltenen Gendefekt, der eine Störung des Kupferstoffwechsels in der Leber verursacht. Sie müssen daher mehrmals täglich ein bestimmtes Medikament einnehmen, das verhindert, dass sich Kupfer im Körper ansammelt und die Leber schädigen kann. Die Beschaffung des Medikamentes war schon früher manchmal schwierig, zuletzt hat sich die Situation aber noch einmal verschärft. Nachdem sich die Vorräte der Familie Holzmüller erschöpft hatten und sich der Zustand einer Tochter so weit verschlechtert hatte, dass sie zusammengebrochen war, musste dringend Nachschub her. Von einem bekannten Online-Anbieter, der das dringend benötigte Medikament in Deutschland auf Lager hatte, erhielt die Familie lediglich die Auskunft, dass eine Lieferung nach Österreich nicht möglich sei.

„Die Sache stand wirklich Spitz auf Knopf“

„Bei einer solch ernsten Erkrankung ist eine kontinuierliche Medikation lebenswichtig. Die kann man nicht einfach auslaufen lassen und später fortsetzen, wenn sich die Liefersituation verbessert. Die Sache stand wirklich Spitz auf Knopf“, erklärt Mag. pharm. Dr. Florian Göttlinger. Der selbständige Apotheker aus Niederösterreich hatte über Bekannte von der schwierigen Suche der Familie Holzmüller erfahren und aus eigener Initiative Kontakt zu ihr aufgenommen und seine Hilfe angeboten. „Wir haben alle Hersteller und Großhändler angerufen – entweder war das Medikament gar nicht lieferbar oder die Lieferzeit hätte mindestens 4 bis 8 Wochen betragen. Der Bedarf war jedoch sehr akut“, schildert Dr. Göttlinger den Ernst der Lage.  

Von einer Apotheke in Wien erhielt der Pharmazeut den Tipp, das Medikament über eine spanische Apotheke zu organisieren. Dort gäbe es noch Bestände. Mithilfe seiner spanischsprachigen Schwägerin nahm Dr. Göttlinger Kontakt zu Apotheken in der Nähe der Flughäfen von Madrid und Barcelona auf. Als sie nach zahlreichen Telefonaten von einer Madrider Apotheke die Auskunft erhielten, dass das Medikament bei ihnen noch verfügbar sei, buchte Dr. Göttlinger kurzerhand einen Flug und machte sich auf den Weg.

Adrian Rodriguez, ein Apotheker aus Madrid, mit dem Dr. Göttlinger telefoniert hatte, war die Dringlichkeit der Versorgung ebenfalls sofort bewusst. Der Spanier bemühte sich daher, so viele Packungen wie möglich zu organisieren. In Madrid angekommen holte der österreichische Apotheker die Packungen bei seinem spanischen Kollegen ab und machte sich tags darauf gleich wieder auf den Rückweg nach Niederösterreich. 30 Stunden nach seiner Abreise konnte er der Familie Holzmüller das dringend benötigte Arzneimittel übergeben.

„Unser Retter in der Not"

Gekostet haben die verfügbaren Packungen in der spanischen Apotheke zusammen weniger als 100 Euro, für die Familie Holzmüller ist der Wert jedoch immens und die Dankbarkeit für den engagierten Apotheker groß. „Er hat sich wirklich ordentlich ins Zeug gelegt und ist unser Retter in der Not“, freut sich Birgit Holzmüller. Für den niederösterreichischen Apotheker Dr. Göttlinger war dieser Hilfseinsatz eine Selbstverständlichkeit. Er sieht die Sache nüchtern: „Als Apotheker haben wir einen Versorgungsauftrag. Unsere Aufgabe ist es, die Bevölkerung zu jeder Zeit mit Arzneimitteln zu versorgen – auch in Zeiten, wenn manche Medikamente nur schwer oder mit sehr großem Aufwand zu bekommen sind. Das unterscheidet uns von den sogenannten Online-Apotheken, die zwar gerne verkaufen, aber nicht da sind, wenn der Hut brennt.“

Apothekerkammer-Präsidentin: Wieder mehr Arzneimittelherstellung in Europa

„Dieser persönliche Einsatz ist vorbildlich. Daran erkennt man, wie ernst wir unseren Versorgungsauftrag nehmen und wie wichtig engagierte Apothekerinnen und Apotheker in Wohnortnähe sind. In Zeiten wie diesen sind Flexibilität, Fachkompetenz und Engagement gefragt, um die Bevölkerung trotz Lieferengpässen bestmöglich zu betreuen und zu versorgen. Wir müssen in Zukunft alles daran setzen, dass wir Lieferengpässe besser abfedern. Wir sprechen uns daher klar dafür aus, die Herstellung und Lagerung wichtiger Rohstoffe, Medikamente und Medizinprodukte in Europa zu halten oder wieder nach Europa zu holen, um weniger anfällig von Lieferkettenstörungen zu sein und die Abhängigkeiten von asiatischen Staaten zu reduzieren“, betont Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer.

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